Norbert vor dem StartSchmerz lass nach!

Am Tag der Arbeit war es endlich so weit. Mein 25. Einzelmarathon konnte in Angriff genommen werden. Ziel der Plackerei war Salzburg. Ein Blick in die Ausschreibung verhieß wenig Gutes. Eine Flut von Denglisch Grausamkeiten ließ mich sofort an der fachlichen Kompetenz des Ausrichters zweifeln. Kostprobe gefällig? Viel Spass. Folgende Anglizismen fanden sich im “DEUTSCHSPRACHIGEM Programm Ablauf:

  • „Get active“ Charity Day
  • „Get active“ Family Day
  • „Get active“ Race Day
  • 10 K City-Run (inkl. smart-Team Challenge 10 K City-Run)
  • AfterWork Run
  • Welcome Party (inkl. “Train D-Lay”)
  • SportMall
  • Morning Refreshment&Warm Up
  • Friends Lounge
  • Flower Ceremonies
  • After Race Party

Puuh! Wer denkt sich sowas aus? Das Programmheft hatte noch weitere sprachliche Missgriffe im Gepäck. Aber das soll erst mal reichen. Mir drängte sich jedenfalls der Eindruck auf, dass der Veranstalter weder gut Deutsch noch gut Englisch konnte.

Das Wissen um die Schönheit der Stadt ließ mich den ersten Eindruck ignorieren. Und dass war gut so. Denn der Lauf war schön und die Organisation war (anders als es die Wortwahl befürchten ließ) gut.

Zusammen mit Fabian war ich am Vortag angereist, um mich mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu machen. Dem Wetterbericht zum Trotz hatten wir schönstes Frühlingswetter. Schon auf dem Weg vom Hotel zum Start und Zielbereich ergaben sich viele interessante Eindrücke. Damit meine ich nicht ein großes Werbeplakat, auf dem allen ernstes „RUNNERSFUN“ stand, sondern vielmehr den Weg durch und in die Stadt. Viele Leute lagen am Ufer der Salzach und im Zentrum tummelten sich die Touristen. Rund um den Dom war eine kleine Laufrunde abgesperrt, auf der Kinder und Jugendliche ihre Läuferqualitäten demonstrierten. Viele schauten  sich das Spektakel an. Andere genossen das schöne Wetter in einem der zahlreichen Cafés.

Auf einer der Salzachbrücken trafen wir Maria, die sich als Liebhaber von Salzburg bekannte (Nein, ich werde jetzt nicht „outete“ schreiben!) und für den Halbmarathon gemeldet war. Daran  sieht man. Die Welt ist klein und OLC-ler tummeln sich überall.

Beim Spaziergang durch die Stadt kamen mir erste Zweifel, ob Fabian den Halbmarathon durchstehen würde. Er humpelte leicht, weil er sich am Vortag den Fuß verstaucht hatte. Da er aber nun mal vor Ort war, ließ er sich nicht von einem Start abbringen.

So marschierten wir am nächsten Tag zum Start. Der Wetterbericht versprach uns freundliche 14 Grad sowie reichlich Sonnenschein. Mit dieser Prognose  lag er, wie am Vortag, ziemlich daneben. Nieselregen war jedenfalls nicht angesagt. Der Start fand am Rudolfskai statt. Von hier zog sich eine 21,1 km lange Runde durch die Innenstadt und die Außenregionen von Salzburg. Neben den bereits bekannten Sehenswürdigkeiten der Altstadt, gefiel uns besonders der Weg nach Schloss Hellbrunn, wo wir über einen langen roten Teppich laufen durften. Ein echter Höhepunkt. Oder, um es im schönsten Kölsch Denglisch zu sagen: „That hätt jett!“ (Das hat was!)

Für Fabian war wenige Kilometer später Schluss. Nicht ganz unerwartet stieg er bei KM 9 er aus und sagte einen Streckenposten, dass es nicht mehr geht. Der Streckenposten beorderte einen Krankenwagen und schon ging es ab zum Röntgen ins nächste „Spital“ (wie der Österreicher zu sagen pflegt). Da der Arzt nichts feststellen konnte, war Fabian kurz danach wieder an der Strecke, wo er die Marathonis auf ihrem Leidensweg anfeuern konnte.

Mir ging es schon zur Halbzeit nicht besonders gut. Ich hatte mir einen 6:00 Minuten Schnitt pro km vorgenommen und wusste bereits nach 20 km, dass das kein Selbstläufer würde. Dazu irritierte mich meine Stoppuhr, die im Schnitt alle 2 Minuten mit einem Piepston das GPS Signal verlor um es wenige Sekunden später mit einem anderen Piepston wieder zu finden. Dummerweise gab es in den Zeiten ohne Signal keine Zeitanzeige. Ab KM 29 kam es dann, wie es kommen musste. Das Signal verschwand  ganz und ließ mich ohne zeitliche Orientierung auf den letzten 13 km zurück.

Unter diesen Umständen quälte iZieleinlauf Norbert Leiendeckerch mich tapfer bis KM 38. Hier passierte etwas Unerfreuliches. Der Brems- und Zugläufer für die Läufer mit einer geplanten Endzeit von 4:15 Std. überholte mich mitsamt seinem Tross und ich konnte nicht folgen. Damit war klar. Mit einem 6 Minuten Schnitt würde es nichts werden. Ich legte eine kleine Gehpause ein und kämpfte einen kurzen aber intensiven Kampf gegen den inneren Schweinehund. Wenn ich jetzt den Rest zu Fuß gehen würde, würde mich das 20-30 Minuten kosten. Ein gequälter Laufschritt würde dagegen nur mit 2-3 Minuten zu Buche schlagen. Also blendete ich alles aus und verfiel wieder in einen unansehnlichen Laufschritt. So war ich am Ende wenigsten 8-9 Minuten schneller als bei meinem letzten Marathon in Ulm. Zugegeben nur ein kleiner Trost. Aber der Gedanke hielt mich am Laufen.

Als ich endlich im Ziel angekommen war, war es gänzlich vorbei mit meiner Körperspannung. Ich hatte keinen Blick mehr für die Schönheit der Stadt. Stattdessen wollte ich nur noch unter die Dusche. Dummerweise befanden sich die Duschen außerhalb des Zentrums auf der anderen Seite der Salzach. Somit war ein längerer Fußmarsch erforderlich, den ich heroisch im schönsten Seegang auf mich nahm. Auf der Salzachbrücke ereilte mich dann noch ein zweifelhafter Motivationsschub. Eine Läuferin kam mir entgegen und teilte mir mit, dass die Duschen kalt seien. Na supi. Nun ist es nicht so, dass kalte Duschen für Läufer eine neue Erfahrung wären. Trotzdem. Von einem „Cold Shower Drecks Event“ war im Veranstaltungsprogramm keine Rede.

Egal. Ich brauchte jetzt eine Dusche und war angenehm überrascht, dass die Heißwasserboiler in der Sporthalle Ihren Dienst wieder aufgenommen hatten. So konnte ich den Ausklang meiner Marathonvergnügung doch noch genießen.

Kurzum: Marathon ist schön. Das Gefühl es geschafft zu haben, wird spätestens in 1-2 Tagen alle Strapazen vergessen machen und nur noch die guten Erinnerungen zulassen.  In diesem Sinne.

Schmerz lass nach!

Sportliche Grüße

Norbert